Nela Quandt: „BOSNANOVA vereint Mensch mit Natur!“

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Die Hamburgerin Nela Quandt könnte sich einfach um ihre beiden kleinen Kinder und um ihren Ehemann kümmern. Damit wäre sie sicherlich genug ausgelastet. Nebenbei arbeitet sie noch als freie Mitarbeiterin für die Medienwelt. Doch das ist ihr nicht genug. Dank ihren Kindern hat Nela, die aus einer ex-jugoslawischen Gastarbeiterfamilie stammt, eine Idee, die sie sofort umsetzt: „Der Grundstein für bosnanova wurde 2010 mit der Geburt meiner Tochter Lina gelegt. Die handelsüblichen Wickelkommoden waren für mich zu hoch, weil ich ein bisschen kleiner bin.“ Sie beschliesst, Kindermöbel selbst zu entwerfen und herzustellen. In Bosnien-Herzegowina, wo ihre Eltern her stammen und wo sie ihre Ferien als Kind verbrachte, werden die Einzelstücke aus nachhaltigen Hölzern geschreinert. Verkauft werden sie in Deutschland. Und hoffentlich bald in Österreich und der Schweiz.

Balkanblogger sprach mit der jungen entschlossenen Mutter. Es wird schnell klar: die Powerfrau ist eine Visionärin, die Unterstützung verdient. Im Interview erzählt sie, mit welchen Schwierigkeiten sie sich auseinandersetzen muss, weshalb sie trotz Selbstzweifel weitermacht und wie bosnanova die wertvolle Natur Bosnien-Herzegowinas und die Menschen des Landes unterstützt.

Du bist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Wie war die Verbindung zum ehem. Jugoslawien, bevor der Krieg anfing?

Vorher wie nachher sehr intensiv. Ich habe sehr viel Familie dort. Wir haben jedes Jahr ohne Ausnahme unsere Ferien in Jugoslawien verbracht. In Bosnien/Zenica, wo meine Eltern herkommen, haben wir Oma, Opa und den Rest der Familie besucht. Mein Opa hatte in der Nähe von Busovaca eine vikendica (Wochenendhaus) mit zwei Kühen, paar Ziegen, drei Hunden und einem Hühnerstall. Da habe ich sehr gern meine Zeit verbracht! Dann hatten und haben wir noch das Haus auf der Insel Brac in Dalmatien. Da sind wir auch immer schon sehr viel gewesen. Immer im Wechsel. Es wurde auf Brac immer mehr und in Zenica immer weniger. Grund war zum einen der Krieg aber auch die Pubertät. Im Sommer ist es schöner und cooler am Strand als mitten in Bosnien. Das hat sich allerdings seit bosnanova wieder gewandelt.

Wie kamst Du auf die Idee, bosnanova zu gründen?

Ich wollte schon immer was mit Bosnien machen und wenn ich Bosnien sage, meine ich auch Herzegowina. Geht nur schneller so. Zum einen hatte ich immer den Willen etwas zurückgeben zu wollen. Zum anderen kenne ich gute HandwerkerInnen im Land.

Als ich 2010 meine Tochter Lina bekam, waren mir die handelsüblichen Wickelkommoden zu hoch, weil ich ich bisschen kleiner bin. Da kam mir die Idee, individuelle Kindermöbel herzustellen – in Bosnien!

Ich produziere mit bosnanova selbstentworfene Design-(Kinder-)Möbel, Spielsachen und Accessoires. Alle Produkte werden zu 100% aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt: die Möbel aus hochwertigem und zertifiziertem Laubholz, die Spielsachen und Accessoires aus Wolle und Baumwolle. Die gesamte Produktion findet in Bosnien-Herzegowina statt in Kooperation mit familiären Tischlereimanufakturen und Frauenvereinen. bosnanova ist mein Herzensprojekt. Ich möchte damit zurück zum Ursprung, Handwerk, Natur – weg von Massenware, Ausbeutung, Industrie. Und ich möchte in Bosnien Arbeitsplätze schaffen. Außerdem sind Nachhaltigkeit und Fairtrade Basis-Begriffe meines Tuns und Handelns. Immer in Augenhöhe mit Mensch und Natur – das ist ganz fest verankert in mir und in bosnanova.

Was verbirgt sich hinter dem Namen?

Wenn man es wörtlich nimmt: Neues Bosnien. Und genau das will ich. Ein Bosnien mit fairen Arbeitsbedingungen, sicheren Arbeitsplätzen – keine Korruption, keine Ausbeutung, sondern Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit. Nicht zerstören, sondern gestalten. Es macht mich immer sehr traurig, wenn ich nach Bosnien komme und sehe, dass immer noch so viele Menschen ihren Müll in den Fluss Bosna werfen! Ich wünsche mir, dass sie mehr darauf achten und daran denken, was sie ihren Kindern hinterlassen. Deswegen verwende ich ausschließlich FSC zertifiziertes Holz, obwohl es teurer und schwieriger in der Beschaffung ist. Man hat mich schon das ein oder andere Mal gefragt, ob wir nicht einfach das Holz “aus dem Wald meines Cousins” nehmen wollen. NEIN! Wollen wir nicht! Wenn das jeder so machen würde, gäbe es irgendwann keinen Wald mehr. Es gab zum Beispiel nach dem Krieg kaum mehr Kirschbäume. Ein Haufen Idioten haben sich mit dem Abholzen und Verkauf von Kirschholz eine goldene Nase verdient. Zu oft geht es nur um Profit ohne Rücksicht auf Verluste. Da müssen wir alle dran arbeiten.

Wie hat Deine Familie darauf reagiert?

Sie finden es super! Ich bekomme sehr viel Unterstützung von meinen Eltern und Brüdern. Aber auch in Bosnien! Sie alle hoffen sehr, dass ich Erfolg haben werde mit meiner Idee. Nicht zuletzt, weil ich Gutes tue, auch für sie da unten in Bosnien.

War es ein schwerer Weg? Oder ist er es immer noch?

Oh ja… Ich denke jeden Tag darüber nach, aufzuhören. Ganz ehrlich. Es ist wahnsinnig steinig und anstrengend. Ich habe gleich im ersten Jahr eine so schlechte Erfahrung gemacht mit einem Tischler in Zenica. Das hätte mir eigentlich das Genick brechen müssen, finanziell und auch psychisch. Er hat so unglaublich viel versprochen und ich war zu naiv und unerfahren. Er hat sich nicht an Abmachungen gehalten und war total unfähig zu reflektieren, um mit mir gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Schuld waren immer die anderen, nie er. Das war ziemlich anstrengend. Letztendlich erfuhr ich, dass er seine Mitarbeiter total ausgebeutet hat, um seine Gier zu befriedigen. Ich habe einen großen LKW mit Möbeln von ihm bekommen mit Prototypen, die alle Fehler hatten. Ich wollte eigentlich meinen Showroom eröffnen und musste am nächsten Tag wieder schliessen. Diese Möbel hatten nicht die Qualität, die ich wollte und hinter der ich stehen konnte. Du kannst nichts verkaufen, von dem Du nicht selbst überzeugt bist. Alles, was ich und mein Mann gespart hatten, steckte darin: ein Jahr Arbeit und fünf Kinderzimmerkollektionen aus Vollholz. Statt aufzugeben, habe ich einen Kredit aufgenommen und noch mal neu angefangen. Jetzt habe ich zwei Tischler: einen in der Nähe der kroatischen Grenze, einen bei Tuzla. Jeder Tischler macht eine Kollektion. Die dritte Kollektion ist fertig entworfen. Ich suche noch den passenden Tischler dazu. Und ich brauche das Budget, damit ich wieder investieren kann. Vor allem Budget für Marketing. Ich habe so tolle Produkte, aber kaum einer weiß davon. Das ist schon deprimierend. Deswegen mache ich gerade eine Crowdfunding Kampagne unter https://www.startnext.com/bosnanova. Ich versuche noch mal ordentlich Geld zu generieren fürs Marketing (Messen, PR usw). Außerdem ist solch eine Kampagne selbst ein tolles Marketing-Instrument! Das Ziel sind 30.000 – 50.000 Euro. Ich bleibe dran als One-Women-Show. Es ist sehr mühsam. Mal sehen, wie lange ich das noch durchhalte. Ich hab ja auch noch zwei Kinder. Und einen Mann.

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Nela Quant ist eine Powerfrau, die viel bewegen möchte, um die Zukunft der folgenden Generationen zu retten (Foto: Bosnanova)

Es gibt so viele Anbieter im Kindersegment in Deutschland. Weshalb sollte man gerade bei bosnanova einkaufen? 

Wir entwerfen und produzieren hochwertige und individuelle Kindervollholzmöbel, Spielsachen und Accessoires. Wir entwickeln und designen unsere Produkte selbst. Wir stellen sie alle aus 100% natürlichen und sehr hochwertigen Materialien aus Europa her. Wir fertigen in traditioneller Handarbeit. Wie kennen jeden Mitarbeiter persönlich und wir zahlen faire Löhne. Wir verbinden Nachhaltigkeit mit zeitlosem und sehr funktionalem Design und jedes unserer Möbelstücke wird maßgefertigt. Wer kann das von sich behaupten?

Wir verwenden für unsere Produkte ausschließlich nachhaltige und hochwertige Materialien: FSC-zertifiziertes Laubholz wie Buche und Eiche, Baumwolle und Wolle. Bei uns gibt es weder MDF, noch Polyester. Alles natürlich. Unsere Möbel sind echte Designklassiker mit einer sehr langen Lebensdauer, die mehr können. So ist der Wickeltisch bereits im Babybett integriert oder der ausziehbare Schreibtisch in der Kommode. Die Betten wachsen mit, die Schränke auch. Die Wickelkommoden gibt es in 3 Höhen, je nach Größe der Eltern. Bei uns gibt es nichts von der Stange, nur exklusive Einzelstücke. Und die Designs sind so zeitlos, dass die Kommode, die erst im Kinderzimmer stand, sich später auch super im elterlichen Schlaf- oder Wohnzimmer macht. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Es ist nicht für die Wegwerfgesellschaft konzipiert.

Was ist Dir wichtig bei bosnanova?

Ein faires Miteinander auf Augenhöhe. Ich behandele jeden gleich: den Tischlermeister, die Reinigungsfrau, die Häkeldame oder die Designerin. Und so möchte ich auch behandelt werden.

bosnanova funktioniert auf einer ganz engen und sehr persönlichen Zusammenarbeit mit den verschiedenen Menschen, die ihren Teil dazu beitragen. Meine Designerin Mirela aus Sarajevo ist mittlerweile eine gute Freundin geworden, genauso wie Sabiha, die den Frauenverein leitet. Und das obwohl ich deren “Auftraggeberin” bin. Das klappt eben nur, wenn man ganz ehrlich und fair miteinander umgeht. Ich möchte keine “Eintagsfliege” sein, noch möchte ich eine kreieren. Mir ist es sehr wichtig, dass wir gemeinsam etwas gutes Langfristiges schaffen. Daran arbeite ich.

Wie trägst Du zur Hilfe von Bosnien bei?

Indem ich Arbeitsplätze schaffe und sichere. Und indem ich meine Mitarbeiter und Zulieferer fair behandele und bezahle.

Kannst Du Dich an das erste Möbelstück von bosnanova erinnern, als Du es bekommen hattest? Beschreibe Dein Gefühl.

Nun, lassen wir den ersten großen LKW einfach weg, von dem ich erzählt habe. Als meine beiden Kollektionen nach meiner ersten schlechten Erfahrung hier ankamen, war ich restlos begeistert. Wenn man über das samtweich gearbeitete Holz streicht, merkt man sofort: dieser Tischler liebt, was er tut. Und ich liebe es auch! Es ist allerhöchste Tischlerkunst und ich stehe voll hinter meinen Produkten!

Was ist für die Zukunft geplant oder besser: was können wir von Nela noch alles erwarten?

Ich hoffe noch viel! (lacht) Erstmals muss es anlaufen. Ich muss meine Zielgruppe erreichen. Meine Produkte sind ihren Preis wert, aber eben nicht “preiswert”. Sie sind für Menschen gedacht, denen schadstoffarmes Wohnen, Nachhaltigkeit, Design und Natur wichtig sind und die dafür fair bezahlen. Ich brauche neues Budget, will aber nicht noch einen Kredit aufnehmen. Jetzt läuft eine Crowdfunding Kampagne. Danach weiß ich, ob ich genug Geld habe, um weiterzumachen, oder ob ich auf Partner- bzw. Investorensuche gehen muss. Fakt ist: Allein schaffe ich es nicht. Ich habe ein zu großes Fass aufgemacht und ich bin nicht bereit, es zu verkleinern.

Aber wenn Du meinst, wo ich mich in 10 Jahren sehen möchte: dann habe ich noch ein paar Showrooms in großen Städten Deutschlands, der Schweiz und Österreichs eröffnet. Habe zudem eine eigene Tischlerei in Zenica aufgemacht mit neuen hellen Räumlichkeiten für den Frauenverein. Im Moment sind das noch zwei dunkle kleine feuchte Räume in einem alten Haus ohne Heizung.

Was war das schönste, was Du erlebt hast mit Deinem Laden?

Vor einigen Wochen hat der bosnische Journalist Faruk Sabanovic ein Interview mit mir geführt und daraus eine Reportage für die Deutsche Welle gemacht.

Als das veröffentlicht wurde, erreichten mich Mails aus Bosnien, Serbien, Deutschland, Österreich. Die Menschen waren begeistert über mein Enthusiasmus und meinen Mut. Das hat mir sehr viel Mut gemacht, weiterzumachen. Und sie ermutigen mich weiter. Neulich schrieb eine Bosnierin: “Wir brauchen mehr Nelas!” Das hat mich echt zu Tränen gerührt. Trotz Selbstzweifel: solange ich Energie habe, mache ich weiter.

Du bist selbst Mama. Wie bekommst Du alles unter einen Hut?

Ich weiß es nicht. Manchmal wundere ich mich selbst. Ich habe einen tollen Mann, der mich wahnsinnig unterstützt, in allem was ich tue. Zudem ist er der beste Vater auf der Welt! Ich weiß, dass es meine Kinder bei ihm richtig gut haben. Er hält mir den Rücken frei und mischt ordentlich mit, anders würde es nicht gehen.

Wie entspannst Du am besten? Oder wo holst Du Dir die Power, die Du benötigst?

Mit Yoga und Lesen. Um ehrlich zu sein, im Moment kommt alles zu kurz. Eigentlich kommt seit einem Jahr alles zu kurz! Aber das werde ich jetzt wieder ändern, denn es ist sehr wichtig, dass man etwas für sich tut und die Batterien auflädt. Ich koche gerne, das entspannt mich auch. Und, kein Scherz, ich entspanne beim Putzen! Dabei kann ich super abschalten!

Lernen Deine Kinder auch die Muttersprache Deiner Eltern?

Ein bisschen. Ich versuche es immer wieder, aber es ist schwer für mich. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich denke Deutsch. Mein Mann ist Deutscher. So richtig zweisprachig kann man das nicht nennen, aber ich höre viel “Jugomucke” zu Hause und singe laut mit. Und mit meiner Mutter spreche ich “Jugoslawisch”. Ich weiß, diese Sprache gibt es nicht, ich sage es trotzdem. Meine Kinder bekommen das auf jeden Fall mit, in der Hoffnung, dass sie so sprachbegabt sind wie ihre Mutter und es einfach so lernen.

Weshalb ist Bosnien einen Besuch wert?

Weil es wundervoll ist! Die Natur  ist so grün, voller Wasser und Leben. Die Menschen sind herzlich und lebensfroh. Und es gibt Pita und Cevape! Wenn das nicht genug Gründe sind! Mein Mann war sprachlos, als er das erste Mal mit mir dort war. So wunderschön und fruchtbar hatte er sich Bosnien nicht vorgestellt! Außerdem versucht er mich seit Jahren davon zu überzeugen, eine “cevabdzinica & buregdzinica” in Hamburg zu eröffnen.

Dein Lieblings-Zitat an die Frauen da draußen?

“Es gibt Wichtigeres im Leben als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen”. Das hat Mahatma Gandhi gesagt. Und ich finde, er hat Recht! Heute muss alles immer höher, schneller, weiter sein. Das macht krank! Man muss auch in der Lage sein, sich auf das Wesentliche zu besinnen und gut sein zu lassen. Es muss nicht alles immer perfekt sein, man muss nicht immer und überall erreichbar sein. Man muss nicht alles mitmachen, muss lernen auch mal “Nein” zu sagen. Wir sollten mehr zufrieden zu sein und nicht immer noch mehr wollen. Glück liegt im Auge des Betrachters.

Mehr über bosnanova:

bosnanova.de

facebook.com/bosnanova

Link zur Crowdfunding-Kampagne, bei dem nicht nur die junge Mutter und ihr sehr junges Unternehmen unterstützt werden, sondern die Natur des Landes Bosnien-Herzegowina und seine Bevölkerung:

startnext.com/bosnanova

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