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Srđan Mandić: “Elektromobilität könnte ein Symbol für mobile Freiheit werden”

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Die Menschen in Bosnien-Herzegowina sind fasziniert von e-Mobilität, doch stehen ihr skeptisch gegenüber. Srđan Mandić, Bürgermeister der Gemeinde Sarajevo Zentrum, ist ein Visionär. Er ist schon dabei, die erste öffentliche Tankstelle in Sarajevo zu bauen. Noch dieses Jahr. Ich habe ihn getroffen und nachgefragt. Ein Gespräch über zukünftige Urbanisierung, seine Liebe zu Sarajevo, den VW Golf 2 und weshalb E-Mobilität Freiheit bringt

“Elektromobilität könnte ein Symbol für mobile Freiheit werden”

Srđan Mandić

Die Menschen in Bosnien-Herzegowina sind fasziniert von e-Mobilität, doch stehen ihr skeptisch gegenüber. Srđan Mandić, Bürgermeister der Gemeinde Sarajevo Zentrum, ist ein Visionär. Er ist schon dabei, die erste öffentliche Tankstelle in Sarajevo zu bauen. Noch dieses Jahr. Ich habe ihn getroffen und nachgefragt. Ein Gespräch über zukünftige Urbanisierung, seine Liebe zu Sarajevo, den VW Golf 2 und weshalb E-Mobilität Freiheit bringt.

„Ich weiß, dass die Zeit der Elektroautos kommt”

Srđan Mandić

Mirella Sidro: Wie wurde die Idee geboren, die erste öffentliche e-Tankstelle zu bauen?

Srđan Mandić: Die Idee entstand auf Initiative einer unserer Mitarbeiter, bzw. eines Mitglieds der Versammlung des Kantons Sarajevo. Sie hat mir sofort gefallen. Ein großes Autohaus, das börsennotierte Unternehmen Elektrodistribucija, das sich mit der Erzeugung und dem Verkauf von Elektrizität befasst, und die Handelskammer der Föderation hatten den Vorschlag unterbreitet, als Pilotprojekt öffentliche Ladestationen an mehreren Standorten zu installieren. Die Gemeinde wäre verpflichtet, Locations zur Verfügung zu stellen. Ich bin auch jemand, der Trends folgt, und ich weiß, dass die Zeit der Elektroautos kommt. Ich würde mich sehr freuen, wenn meine Gemeinde als erste dieses Projekt realisieren könnte. Die erste e-Tankstelle wird wahrscheinlich an einem der belebtesten Orte entlang der Hauptstrasse platziert werden. Bisher gibt es leider nicht mehr als ein Dutzend Elektrofahrzeuge, aber wenn dies ein Beitrag zur Erhöhung dieser Zahl ist, werde ich mich sehr freuen. Die Initiative kam nicht von mir, aber ich habe sie mit Freude angenommen, weil sie mir fortschrittlich erscheint und unserer lokalen Gemeinschaft und der Stadt insgesamt zugute kommt. Dies ist ein Testprojekt und ich hoffe, es wird sich als effektiv erweisen.

„Wir wären auch bereit, unsere Fahrzeugflotte durch Elektrofahrzeuge zu ersetzen“

Mirella Sidro: Sind Sie persönlich ein Fan von Elektromobilität?

Srđan Mandić: Im Moment weiß ich nicht viel über diese Thematik, da E-Fahrzeuge in unserem Land sehr rar sind. Aber wenn der Preis erschwinglich ist, wäre es in Ordnung, ein solches Auto zu kaufen. Ich weiß, dass sie langsamer fahren als Verbrennungsmotoren. Da ich nicht jemand bin, der schnelles Fahren bevorzugt, ist dieses Kriterium für mich nicht entscheidend. Was mir als umweltbewusster Mensch wichtig ist: E-Autos schützen die Umwelt. Wir wären auch bereit, in diese Richtung zu handeln, nämlich unsere Fahrzeugflotte durch Elektrofahrzeuge zu ersetzen. Natürlich müsste dieses Projekt für uns erschwinglich sein, da wir immer das Budget im Auge behalten müssen.

„Wir sind zu einer Abfalldeponie von Gebrauchtwagen aus Europa geworden”

Mirella Sidro: Können Sie sich in Ihrer Stadt Carsharing mit kleinen Elektrofahrzeugen vorstellen?

Srđan Mandić: Wir haben im Allgemeinen ein schreckliches Verkehrsproblem in Sarajevo. Die Daten sind zwar ungenau, aber man geht davon aus, dass 450.000 Einwohner schätzungsweise 120.000 bis 140.000 Fahrzeuge fahren.

Dafür gibt es mehrere Gründe. Unmittelbar nach dem Krieg gab es keine Vorschriften für den Import von Gebrauchtfahrzeugen aus dem Ausland. Wir sind zu einer Abfalldeponie von Gebrauchtwagen aus Europa geworden. Für eine Weile gab es bestimmte Einschränkungen, jetzt wurden sie wieder aufgehoben. Ein Fahrzeug, das älter als sieben Jahre war, konnte zeitweise nicht importiert werden. Seit diese Variante abgeschafft wurde, kaufen die Leute wieder sehr schlechte Fahrzeuge für relativ wenig Geld. Die meisten dieser Fahrzeuge besitzen nicht einmal einen Mindest-Öko-Standard.

Eine andere Sache, die uns große Probleme bereitet, ist die Verkehrsregulierung, insbesondere in den zentralen Teilen der Stadt.

Und dann ist da noch ein dritte Sache, die uns Kopfschmerzen bereitet: Unser öffentlicher Verkehr befindet sich in einem katastrophalen Zustand. Leider hat das für den Transport zuständige Unternehmen einen der größten Verluste im Kanton, was zum bestehenden Problem beisteuert.

Die Sanierung erfordert immens hohe finanzielle Mittel und Umstrukturierungen. Aufgrund dieser sehr schlechten Infrastruktur der öffentlichen Verkehrsmittel sind uns in gewisser Weise die Hände gebunden und daher können wir die Ankunft mit privaten Fahrzeugen in die Innenstadt nicht einschränken. Dafür müssten wir qualitative Alternativen anbieten. Somit befinden wir uns in einer Art Sackgasse. Dennoch müssen wir anfangen, insbesondere hier im Zentrum, die Menschen davon abzuhalten, mit Fahrzeugen in die Stadt zu kommen.

Erreichen können wir das u.a. durch hohe Parkgebühren oder begrenzte Parkdauer. Wir sind wahrscheinlich die einzige europäische Stadt, in der keine Zonen mit begrenzter Parkdauer existieren! Bei uns können Sie den ganzen Tag parken – umsonst! Wir werden alle möglichen Optionen prüfen, um Kriterien zu finden, unter welchen Bedingungen man mit dem Auto zukünftig in die Innenstadt fahren kann, da die Situation unerträglich wird.

Was ich weiß ist, dass die kantonale Regierung insgesamt 25 neue Oberleitungsbusse gekauft hat. Ich hoffe, dass die ersten Ende dieses Jahres eintreffen werden. Es sind Modelle, die etwa zehn bis 15 Kilometer ohne Stromversorgung fahren können. Somit beweisen wir, dass wir uns der ökologischen Idee maximal verpflichtet fühlen.

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Sarajevo war die erste Stadt in Europa, die eine Straßenbahn hatte. Dann haben wir Oberleitungsbusse im Rahmen der Olympischen Spiele eingeführt. Leider wurde aufgrund aller Ereignisse während des Krieges und der katastrophalen Nachkriegsregierung seit 1984 kein neuer Bus angeschafft. Abgesehen von einigen “Spenden“ – leider wieder “Abfallprodukte”.

Ähnlich katastrophal verhält es sich mit unserem Bus- und Straßenbahnverkehr. Wir haben viel zu tun!

Und dann ist da noch der Fall “ VW Golf 2”. Sarajevo war die erste Stadt außerhalb Deutschlands, die eine Fabrik hatte, in der VW Golf hergestellt wurde. Dann entstand während des Krieges eine interessante Situation. Dieser berühmte Golf 2 wurde zum Symbol der Stadt während des Krieges. Er fuhr sogar mit Speiseöl. Bis heute kaufen wir die “Legende Golf 2” mit Dieselmotoren, was eine ungünstige Angelegenheit ist im Bezug auf den Umweltfaktor. Golf 2 – Ein ehemaliges Symbol des Fortschritts wurde zum Synonym für Elend und Umweltverschmutzung.

Dieses Jahr sollte das Projekt vollbracht sein, vielleicht schon diesen Sommer

Mirella Sidro: Wann kann man mit den e-Tankstellen rechnen?

Srđan Mandić: Wir warten auf den offiziellen Antrag seitens der Initiatoren. Von unserer Seite wird es nicht lange dauern. Wir werden die Location zur Verfügung stellen und haben bereits einige im Sinn. Der wahrscheinliche Standort wird nahe des Nationalmuseums sein. Soweit es uns betrifft, werden wir so schnell wie möglich alle erforderlichen Genehmigungen erteilen und diesen Platz zuweisen. Dieses Jahr sollte das Projekt vollbracht sein, vielleicht schon diesen Sommer.

„Dieselfahrzeuge waren vor dem Krieg beliebt, weil sie weniger verbrauchten, und sie sind es weiterhin”

Mirella Sidro: Die Menschen reagieren sehr positiv auf mein e-Auto, haben aber aufgrund der Infrastruktur Zweifel, sich ein E-Fahrzeug anzuschaffen. Wie werden Sie sie vom Gegenteil überzeugen?

Srđan Mandić: Elektrofahrzeuge sind immer noch teuer. Dann ist da noch eine weitere Sache. Wir sind meines Erachtens ein traditionelles Umfeld und es ist sehr schwierig, Gewohnheiten zu ändern, auch wenn sich Neuerungen als besser erweisen. Hier ist das Auto ein Statussymbol. Wohlhabende Leute fahren einen Tesla, weil es fancy ist. In Bosnien und Herzegowina gibt es nicht so viele Menschen, die sich den Luxus leisten können, zwei oder drei Autos zu besitzen. Eventuell zwei, aber eines davon ist sicherlich von schlechter Qualität. Dieselfahrzeuge waren vor dem Krieg beliebt, weil sie weniger verbrauchten, und sie sind es weiterhin. Wir müssen über die Vorteile von E-Fahrzeugen aufklären und Kampagnen betreiben, die Vorurteile beseitigen, dass Elektroautos unzuverlässig sind. Inwieweit die Öllobby einen negativen Einfluss ausüben wird, ist eine andere Frage. In diesem Fall wird sich dies, was auf weltweiter Ebene passiert, in Bosnien und Herzegowina auch widerspiegeln.

„Da ein Großteil unserer Politiker gerne teure Autos fahren …”

Mirella Sidro: Haben Politiker in Bosnien und Herzegowina Vorurteile gegenüber Elektromobilität?Haben Politiker in Bosnien und Herzegowina Vorurteile gegenüber Elektromobilität?

Srđan Mandić: Da ein Großteil unserer Politiker gerne in teuren Autos fahren, würden sie es sicherlich begrüßen, wenn ihnen eine luxuriöse große E-Limousine zur Verfügung stünde. Ich gehe zu Fuß zur Arbeit, da ich sehr nah zu meinem Büro wohne.
Srđan Mandić​​​​

„Elektromobilität könnte ein Symbol für Freiheit und Unabhängigkeit sein”

Mirella Sidro: Was wünschen Sie sich für die Zukunft von Sarajevo in Bezug auf Mobilität?

Srđan Mandić: Wir haben ein Ziel, nämlich das Problem der Umweltverschmutzung zu lösen, über das wir bereits gesprochen haben. Autos sind einer der Faktoren, aber nicht die Hauptursache. In diesem Sinne wäre Elektromobilität etwas Besonderes für Sarajevo, das aufgrund seiner geografischen Lage in einem geschlossenen Tal grundsätzlich ein Problem hat. Ich könnte mit Sicherheit bestätigen, dass die Lösung des Verschmutzungsproblems in Sarajevo als Beispiel für ganz Bosnien und Herzegowina dienen könnte. Ich würde gerne in meinem Leben in einer Stadt leben, in der alle Fahrzeuge elektrisch sind, denn ich bin jemand, der an neue Technologien glaubt und offen für sie ist. Man muss auch bedenken, dass Erdöl zu Kriegen führte und Gegenstand von Erpressung war. Es ist ein Mittel zur enormen Bereicherung für manche Menschen. Deshalb wäre es wunderbar, wenn wir eines Tages mit Strom fahren würden, der für alle zugänglich ist und den jeder haben kann. Elektromobilität könnte ein Symbol für eine neue Zeit werden, sowie für Freiheit und Unabhängigkeit sein, die wir jetzt nicht haben. Ich würde diese Zeit sehr gerne begrüßen.

„Wie fasst Du Deine Stadt, die Du liebst, in einem Satz zusammen?”

Mirella Sidro: Wie würden Sie jemandem, der noch nie in Sarajevo war, ihre Heimatstadt in einem Satz beschreiben, um ihn zu einem Besuch zu animieren?

Srđan Mandić: Wie fasst Du Deine Stadt, die Du liebst, in einem Satz zusammen? Es ist ihr Geist, der spezifisch ist. Was Sarajevo im Vergleich zu anderen Städten bewahrt hat ist Wärme, Identität und Erkennbarkeit. Hier leben Menschen, die immer bereit sind, Sie aufzunehmen, als wären Sie Ihr ganzes Leben lang Teil dieser Gemeinschaft hier. In einem Satz zusammengefasst: Sarajevo wird Dir auf den ersten Blick Liebe geben.

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Über Srđan Mandić – zur Person

Srđan Mandić wurde 1972 in Sarajevo geboren. Er hat einen Master in Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Marketing und absolvierte das General Management Program an der renommierten School of Management in Bled/Slowenien. Verschiedene Führungspositionen folgten in verschiedenen großen Unternehmen. Für seine berufliche Tätigkeit hat er zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Seit November 2020 bekleidet er das Amt des Bürgermeisters der Gemeinde Sarajevo Zentrum.

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